Die Freitagspost: Vor 175 Jahren tagte die deutsche Nationalversammlung in Frankfurt

Veröffentlicht am 19.05.2023 in Woche für Woche

Es ist ein besonderes „langes“ Wochenende für unser Land. Als am 18. Mai 1848 die deutsche Nationalversammlung zusammentrat, wollten die Abgeordneten Geschichte schreiben. In der Frankfurter Paulskirche sollten die engen Grenzen der Einzelstaaten überwunden werden. Eine Verfassung sollte geschrieben werden, die Deutschland zu einer geeinten Nation mit Menschen- und Freiheitsrechten für alle Bürgerinnen und Bürger machen würde.

Der Wille zur Demokratie, das Streben nach Freiheit, das Streiten und Kompromisse finden im Parlament: Es war, wie wenn die Tür einen ganzen Spalt weit geöffnet wurde, für ein besseres Leben in einem veränderten Land. Oder wie es der Bundespräsident gestern formulierte: „Aus Untertanen wurden Staatsbürger.“ Die Verfassung, verabschiedet im März 1849, scheiterte nicht im Parlament – sie scheiterte am Widerstand der alten Mächte. 

Wenn ich heute in meinen Reden regelmäßig das „Parlament als Herzkammer der Demokratie“ bezeichne, dann möchte ich gerne ergänzen: Die ersten Herztöne waren im Mai 1848 in Frankfurt zu hören.

Ich hatte mich deshalb sehr darüber gefreut, dass wir am Mittwoch in Schwetzingen mit Frank Engehausen ein spannendes Gespräch über die von ihm als „Werkstatt der Demokratie“ bezeichnete Nationalversammlung führen konnten.

Aber dieses Wochenende ist nicht nur Rückblick – es lohnt sich auch ein Blick auf unsere heutige parlamentarische Demokratie. Wir müssen sie ja nicht jeden Tag feiern oder lieben. Aber die Frage darf schon gestellt werden: Wenn wir uns daran erinnern, wie viele Generationen von Deutschen sich gewünscht hätten, in einer solchen Demokratie zu leben, gehen wir dann pfleglich genug mit ihr um?

Im ARD-Deutschlandtrend wurde vor wenigen Monaten ermittelt: Nur noch die Hälfte der Deutschen gibt an, dass sie zufrieden damit ist, wie Demokratie in Deutschland aktuell funktioniert. Grundsätzlich genießt die Idee der Demokratie allerdings weiterhin große Zustimmung: 88 Prozent geben an, dass sie – ganz allgemein – eine gute Regierungsform ist. In beiden Fällen zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen Ost und West. Im Westen ist das Grundvertrauen der Menschen in die Demokratie leicht gestiegen. Dort halten 91 Prozent der Befragten die Demokratie für eine gute Regierungsform, zwei Prozentpunkte mehr als 2016. Im Osten ist die Zustimmung weiter gesunken, auf nun 75 Prozent.

Mit diesen Zahlen können wir nicht zufrieden sein. Zur Wahrheit gehört aber auch: Das ist eine richtig starke Mehrheit. In vielen Diskussionen – insbesondere im Internet – kommt leider diese große Mehrheit kaum noch zu Wort. Dort stapeln sich Verschwörungstheorien, Demokratieverachtung und rechte Hetze zu unerträglich hohen Türmen, die den Eindruck erwecken, als habe unser Land der parlamentarischen Demokratie längst gekündigt. Das Ganze gipfelt dann in der gefährlichen und verlogenen Quatsch-Behauptung, dass wir gar keine Verfassung hätten.

Es lohnt sich gegenzuhalten – aufzuzeigen, wie klug und wertvoll es ist, in einer solidarischen, vielfältigen und freiheitlichen Demokratie zu leben. Ist nicht dieses Wochenende – 175 Jahre nach Beginn der Nationalversammlung – genau der richtige Zeitpunkt, in Facebook oder Instagram, Twitter oder der Nachbarschafts-WhatsApp-Gruppe mal wieder zu posten, dass unsere Demokratie das Beste ist, was wir haben?

Foto der Woche: Karla Spargerer und ich waren in dieser Woche zu Gast im Hebel-Forum in Schwetzingen. Dabei entstand dieses Foto.

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