Der stellvertretende Bundesvorsitzende Kevin Kühnert sprach beim Neujahrsempfang der SPD Rhein-Neckar im Harres

Veröffentlicht am 19.03.2020 in Kreisverband
Kevin Kühnert (Stellv. Parteivorsitzender)

(Mit freundlicher Genehmigung von Anton Ottmann) "Die Demokratie ist wackelig geworden", sagte Kevin Kühnert auf dem SPD-Neujahresempfang im Harres in St. Leon-Rot. Der SPD-Kreisverband Rhein-Neckar hatte den Juso-Vorsitzenden und stellvertretenden Bundesvorsitzenden der SPD als Festredner eingeladen. Kühnert begründete seine pessimistische Einschätzung innenpolitisch mit dem "Laienspiel-Theater" in Erfurt, dem Anschlag auf eine Synagoge in Halle und dem wachsenden Zulauf zur AfD, außenpolitisch mit Kriegen wie dem in Syrien, der Flüchtlingskrise und dem Erstarken der populistischen Parteien weltweit. "Wir haben erlebt, was Rechtspopulismus bedeutet", warnte er und zitierte Goebbels: "Wir gehen ins Parlament, um es mit den eigenen Waffen zu bekämpfen.".

"Warum haben wir in Deutschland ein zunehmendes Maß an Unzufriedenheit? Woher kommt die Wut der Menschen?" Diese Fragen müssten sich die etablierten Parteien, an der Spitze die SPD, stellen, denn nur wenn man darauf eine Antwort finde, könne man die Abwanderung zur AfD, der Partei mit den einfachen Antworten, verhindern. Für ihn gehe es hier nicht um ideologische Grabenkämpfe, sondern um die ganz konkreten Alltagsprobleme der Bevölkerung, wie unzureichende und schlechte Bus- und Bahnverbindungen, die Schließung von Jugendclubs, den Mangel an ärztlicher Versorgung und, etwas allgemeiner betrachtet, um Privatisierungen und Sparzwänge.

Für Kühnert muss sich die SPD wieder mehr auf ihre Kernkompetenz besinnen und die seien das Gemeinwohl und Solidarität. Nur so könne man Wähler zurückgewinnen. In Berlin sei man mit der Einführung eines "Mietdeckels" mit leuchtendem Beispiel vorangegangen. Die Politik habe damit die Kontrolle über einen "entfesselten Markt" zurückgeholt.

Begleitet werde die Maßnahme mit einem milliardenschweren sozialen Wohnungsbau, der im Jahr 100.000 neue Wohnungen schaffe. Für Kühnert stellt "Wohnen" ein Grundrecht dar, das mit Unterstützung von Bund und Land bei den Kommunen umgesetzt werden müsse. Aus diesem Grund schlägt er vor, dass Städte und Gemeinden mit Schuldenentlastung und einem Wohnungsbaufonds in die Lage versetzt werden, wieder Grund und Boden für den sozialen Wohnungsbau aufzukaufen. Zur Finanzierung müssten nach seinen Vorschlägen die Wertzuwächse beim Bauland an den Fonds abgeführt und das Recht auf Bauen um eine Baupflicht erweitert werden.

Kühnert forderte auch eine "Verkehrswende", eine Abkehr vom Gedanken des Marktmechanismus hin zum Gemeinwohl. Bahnen und Busse müssten ihr Angebot wesentlich erweitern und die Bezahlung nach Einkommen und Mobilitätsbedarf geregelt werden. Auch kostenloser Nahverkehr ist für ihn denkbar.

Bildung gehört für Kühnert ebenfalls zu einem Bereich, in dem der Gedanke des Gemeinwohls zum Tragen kommt, er nannte wieder das Beispiel Berlin. Hier seien Hort und Kindergarten für alle gebührenfrei, ebenso das Mittagessen und der öffentliche Nahverkehr. Das würde unter anderem auch die Erwerbstätigkeit beider Elternteile ermöglichen. "Warum macht ihr das nicht in Baden-Württemberg?", fragte er provokant in den Saal. Es gebe Werte, die wichtiger seien als Profit und Aufstiegschancen. Gesundheit und ein erfülltes Leben sollten nicht dem "Kassenprinzip" unterliegen. Das seien die wahren Gründe, weshalb das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik geschwunden ist. Das Gemeinwohl-Denken müsste in der Mitte der Gesellschaft verankert und die Kommunen diesbezüglich "zu Orten der Entscheidung" werden.

Die Vorsitzende des Ortsvereins Walldorf, Dr. Andrea Schröder-Ritzrau, vertiefte anschließend den Vortrag in einer Talk-Runde. Außer Kühnert nahmen daran die Juso-Kreisvorsitzende Elisabeth Krämer und Daniel Al-Kayal teil. Al-Kayal ist Mitautor des Buchs "Ihr habt keinen Plan, darum machen wir einen!". Darin warnen acht Mitglieder des "Jugendrates Generationen Stiftung" vor den Gefahren, denen sich die heute 14- bis 25-Jährigen in Zukunft ausgesetzt sehen. In der Runde formulierte Kühnert noch einmal sein Anliegen als Frage an das Publikum: "Wie bringen wir Politik so hin, dass die Menschen wieder Vertrauen fassen?".

Zu Beginn der Veranstaltung zeigte sich der Kreisvorsitzende Thomas Funk erfreut, dass trotz Coronavirus doch zahlreiche Genossen zum Neujahrsempfang gekommen waren, und begründete den späten Termin mit dem Terminkalender Kühnerts. "Es lohnt sich manchmal, wenn man warten muss", fügte er hinzu. Glücklicherweise konnte der Saal noch einmal genutzt werden, bevor er für Veranstaltungen geschlossen wird. Da habe man gerne die Auflage erfüllt, dass jeder zweite Stuhl zur Vermeidung einer Infektion freigehalten werden musste.

Zur Gemeinde St. Leon-Rot sagte der stellvertretende SPD-Ortsvorsitzende und stellvertretende Bürgermeister Prof. Dr. Wolfgang Werner: Die SPD habe hier keine leichte Position. Sie setze sich in der recht wohlhabenden Gemeinde für bezahlbaren Wohnraum für Menschen ein, die nicht zu den Gutverdienern gehörten. Der Ortsvorsitzende Klaus Grün freute sich, dass an dem Abend die SPD-Fahne in dem "schwarzen und braun angehauchten Dorf" rot wehte. Die musikalische Umrahmung hatte das Akustik-Duo Larissa Schuppel und Paul Fürst mit Rock-Pop-Cover-Liedern übernommen.

(RNZ)

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